Johannes Wilkes

Friedrich Nietzsche als Sanitäter

aus: Kant kam nicht. Dichter und Denker in Erlangen (S. 125-133)

Im Selbstverlag 2001 / ISBN-3-00-007538-0

Der Erlanger Autor beschreibt in seinem im Selbstverlag 2001 herausgegebenen Buch die Anwesenheit verschiedener Dichter und Denker in Erlangen; dabei kann er viele prominente Besucher aufführen, von Goethe über Hölderlin zu Thomas Mann (und vielen anderen). Aus der örtlichen Überlieferung heraus weiß er manche Einzelheiten zu benennen, die im allgemeinen nicht bekannt sind. Dies trifft in mancher Hinsicht auch auf die Sanitätsausbildung Friedrich Nietzsches zu, der sich bei Ausbruch des deutsch-französischen Krieges im August 1870 als Freiwilliger gemeldet hatte. Da er bei Antritt seiner Professur in Basel die preußische Staatsangehörigkeit aufgegeben hatte, konnte er sich als Staatenloser nicht zum Waffendienst melden, deshalb ließ er sich in Erlangen zum Sanitäter ausbilden. Nietzsche selbst hat sich dazu einige Notizen in seinem Nachlass gemacht, die sich in KSA 7, S. 87-90 finden.


"Siebenter Zug, 10 Mann .... 82. Dr. Nietzsche, ordentl. Professor der Philologie zu Basel" – So lautet die Eintragung im "Bericht des Erlanger Vereins für Felddiakonie über seine Thätigkeit im Kriege 1870 bis 1871", verfasst von August Ebrard. Friedrich Nietzsche hatte sich als Kriegsfreiwilliger gemeldet. Zur Teilnahme war er nicht gezwungen, weil er sich vor dem Antritt seiner Professur in Basel im April 1869 expatriieren ließ, und zwar, wie er in einem Brief an den Baseler Ratsherrn Vischer schrieb, weil gegen die fatale Möglichkeit eines Krieges kein Kraut gewachsen sei und er unwiderruflich als Reitender Artillerist der Preußischen Armee eingezogen worden wäre. Nun, mit dem Ausbruch des Krieges gegen Frankreich, änderte er seine Meinung. Trotz dringenden Abratens Cosima Wagners entschloss sich Nietzsche dazu, sich dem Deutschen Heer als Kriegsfreiwilliger zur Verfügung zu stellen. Am B. August 1870 schreibt er erneut an Vischer:

"In der gegenwärtigen Lage Deutschlands darf Ihnen mein Entschluss nicht unerwartet sein, dass auch ich meinen Pflichten gegen das Vaterland zu genügen suche. In dieser Absicht wende ich mich an Sie, um mir – durch Ihre Fürsprache bei dem wohllöbl. Erziehungskollegium – Urlaub für den letzten Teil des Sommersemesters zu erbitten. Mein Befinden ist jetzt dermaßen gekräftigt, dass ich ohne jede Bedenklichkeit als Soldat oder als Krankenpfleger mich nützlich machen kann."

Nietzsche erhielt am 11. August den erbetenen Dispens von der Erziehungsbehörde, bekam jedoch – aus Gründen der schweizerischen Neutralität – ausdrücklich nur einen sanitätsdienstlichen Einsatz bewilligt. Nietzsche reiste sofort ab und traf zwei Tage später in Erlangen ein, um sich für seinen Sanitätseinsatz ausbilden zu lassen.

"Unter Felddiakonen versteht man Männer, welche in Kraft christlichen Glaubens und christlicher Liebe – freiwillig und um keinerlei Lohn – sich der Sorge für die Rettung und Pflege der Verwundeten im Felde, d. h. auf dem Kriegsschauplatze, unterziehen. Ihre Thätigkeit beginnt während der Schlacht selbst, wo sie a) den Blessierten – Trägern helfen, die Verwundeten aus dem Kugelregen zu tragen, b) auf den Verbandsplätzen den Ärzten zur Hand gehen, und selbst Verbände anlegen; alsdann setzt sich ihre Tätigkeit fort c) in den Feldlazarethen, wo sie an der Pflege der Verwundeten solange unter Leitung der Ärzte sich betheiligen, bis durch Leerung der Feldlazarethe ihre Hülfe überflüssig wird. – Ihre Pflege ist eine doppelte: Eine leibliche, im Reinigen und Verbinden der Wunden, Darreichung von Speise, Trank und Erquickungen, Bereitung und Reinhaltung der Lagerstätten u.s.w. und eine geistige, in tröstendem Zuspruch, Vorbeten, Austheilung erbaulicher, sowie unterhaltender Lektüre, und hauptsächlich Vermittlung der Correspondenz zwischen den Verwundeten und deren Angehörigen."

So berichtet Konsistorialrat Dr. August Ebrard, Schriftführer und Gründungsmitglied des Erlanger Zentralvereins für Felddiakonie, in seinem Rückblick auf die Wirksamkeit des Vereins in dem Deutschen Bundeskrieg 1866. August Ebrard (1818 – 1888) war der Sohn eines Pfarrers der französisch-reformierten Gemeinde in Erlangen. 1842 habilitierte er sich in der philosophischen Fakultät und wurde 1844 ordentlicher Professor für Theologie in Zürich. Um den Wünschen der Theologiestudenten aus der Pfalz ("Bayern links des Rheins") nachzukommen, errichtete das Bayerische Ministerium gegen die Bedenken der statutenmäßig lutherischen Theologischen Fakultät 1847 eine Professur für reformierte Theologie in Erlangen, und man berief August Ebrard zum ersten Lehrstuhlinhaber. Unter Ebrards maßgeblichem Einfluss konstituierte sich im Jahre 1870 erneut ein "Erlanger Ausschuss für Felddiakonie". Die Idee der Felddiakonie geht Ebrard zufolge auf das segensreiche Wirken der Engländerin Florence Nightingale im Krimkriege zurück. Das Elend Tausender von Verwundeter, die 1859 nach der Schlacht von Solferino in der Sonnenhitze schmachteten, gab sodann den ersten Anstoß zur Stiftung des Genfer Bundes und zur Bildung förmlicher Felddiakonie-Vereine. Im Deutsch-Dänischen Krieg von 1864 kamen dann auf Initiative von J. H. Wichern erstmals Felddiakone zum Einsatz, vom Rauhen Haus in Horn bei Hamburg ausgesandt. Auch im Nordamerikanischen Bürgerkrieg bewährte sich die Einrichtung.

Ein weiteres Motiv zur Gründung der Erlanger Felddiakonie im Jahre 1866 war die Konkurrenzsituation zur katholischen Kirche. Die "Barmherzigen Schwestern" und die "Barfüßerinnen" sowie verschiedene Mönchsorden pflegten Verwundete in den Feldlazaretten, und es wäre ein trauriges Armutszeugnis gewesen, so August Ebrard, "wenn die evangelische Kirche die evangelischen Verwundeten fremden Händen überlassen hätte". Der Begriff "Felddiakon" ist aus dem Sprachgebrauch der christlichen Kirche der Apostolischen Zeit abzuleiten, wo diejenigen, welche in christlicher Liebe sich der Armen und Kranken annahmen, Diakone genannt wurden.

August Ebrard legt Wert auf die Feststellung, dass alle von Erlangen ausgesandten Felddiakone zunächst einen praktischen Kursus in der Verbandslehre absolvieren mussten: "Denn ohne diese Vorbildung haben wir keinen Felddiakon hinausgesandt, ..."

Erlangen eignete sich als Ausbildungsstätte besonders, weil, wie Ebrard schreibt, das Universitätskrankenhaus mit seinen Lehrkräften und seinem Material die Möglichkeit eines Unterrichtes bot, wie er trefflicher an anderen Orten nicht hätte erteilt werden können. Der ordentliche Professor für Chirurgie, Walther Hermann Heineke (1834 bis 1901), erteilte diesen Unterricht persönlich, und zwar in Kursen von je 12 bis 18 Scholaren, mehrere Stunden täglich über 8 bis 10 Tage, theoretisch und praktisch.

Heineke war ein kleiner Mann von schlichtem Äußeren. Seine hervorragende Lehrbegabung wird neben seinem vielseitigen Wissen hervorgehoben. Seine Tätigkeit sei ganz auf das Interesse des Unterrichts und der Studierenden ausgerichtet gewesen. Er war ein geschickter Operateur, und aus pädagogischen Gründen wies er seine Assistenten immer wieder auf von ihm begangene Fehler hin, um sie vor gleichem zu bewahren. Auch als Autor wurde er bekannt, vor allem durch sein "Compendium der chirurgischen Operations- und Verbandslehre".

Als Friedrich Nietzsche am Samstag, dem 13. August 1870, zusammen mit seiner Schwester Elisabeth und seinem Freund, dem Hamburger Landschaftsmaler Mosengel mit dem Zuge von Lindau kommend in Erlangen eintraf, schickte er sogleich seine Karte an Heinecke, um über die Felddiakonie Auskunft zu bekommen. Heinecke war jedoch zu diesem Zeitpunkt bereits als Stabsarzt zur Armee gegangen, weshalb für die folgenden Kurse sein Assistenzarzt Dr. Wilhelm Hess "mit gleicher Bereitwilligkeit", wie Ebrard schreibt, den Unterricht übernahm. Nietzsche notierte in seinem Tagebuch:

"Jeden Morgen 1/2 9 – 10 Verbandlehre bei Hess. Früh um 7, Abends um 6 bei der Visite".

Direkt neben dem Schloss, Schlossplatz Ecke Halbmondstraße, befand sich das "Consilienhaus". Im ersten Stock war der Hörsaal 10, die ehemalige Schlossküche, wo Nietzsche mit den anderen Felddiakonen im Anlegen von Verbänden unterrichtet wurde.

In Erlangen befanden sich beim Eintreffen Nietzsches schon zahlreiche Kriegsverwundete, Deutsche wie Franzosen, um in der dortigen Universitätsklinik behandelt zu werden. Die Chirurgie hatte seit Mitte des Jahrhunderts durch die Einführung der Narkose bedeutende Fortschritte gemacht. Auch Friedrich Nietzsche wurde in der Narkosetechnik unterwiesen, wie er in seinem Tagebuch mitteilt: "Wir chloroformierten... einen Franzosen zu einem Gypsverband (die Hand ist zerschossen: er rief in der Narkose "mon dieu, mon dieu, je viens"), vorher ein Mädchen von 11 Jahren, Sequester im Bein zu entfernen. Ein paar Tage vorher in einem Hause einen Jungen mit großer Kopfwunde chloroformiert; viel Mühe. Gestern starb ein Preuße im Hospital, Schuß in die Lunge, heute ein zweiter. Gutes Befinden eines Preußen "Liebig": Viel Appetit, guter Schlaf, doch wenig Hoffnungen, Armknochen zersplittert, kein Gypsverband möglich."

Nach wenigen Tagen wurden Nietzsche zwei Preußen und zwei Turkos zur speziellen Behandlung übertragen. Zwei von diesen bekamen bald die Wunddiphtheritis, und Nietzsche hatte viel zu pinseln, wie er seinem Freund, dem Freiherrn von Gersdorff mitteilte.

Nietzsches Stimmung schien durchaus patriotisch gehoben gewesen zu sein. Er komponierte nach einem "Kladderadatsch"-Gedicht das Chorlied "Ade, ich muß nun gehen" für "Männerstimmen" und schickte es Cosima und Richard Wagner nach Tribschen. Es ist eine der wenigen mit Bleistift notierten Musikhandschriften Nietzsches. Man kann nicht sicher sagen, wie es ausgeführt werden soll, da die Satzweise für einen Männerchor zu eng und für einen gemischten Chor zu hoch ist.

Nach 14tägigem Intensivkurs erhielt Nietzsche den Auftrag, an die Front zu fahren. Gemeinsam mit seinem Freund Mosengel und dem Medizinprofessor Hugo von Ziemssen, einem Freund und Förderer Heinekes, reiste er am Montag, dem 29. August mit dem Zuge ab. In seiner Verbandstasche führte Nietzsche unter anderem mit: ein Dutzend Kompressen, ein Dutzend Pflästerchen mit Fett bestrichen (in Wachstuch gewickelt), ein oder zwei dreieckige Verbandstücher (nach Esmarch's Angabe) mehrere gerollte Binden, einen Vorrat an Stecknadeln und Bindfaden, einen neuen, sauber ausgekochten Waschschwamm, eine Pinzette, ein starkes Messer mit verstellbarer Klinge, eine Schere und einen Korkenzieher. An Medikamenten hatte er ein Gläschen mit Choleratropfen (in Zucker zu geben) dabei, sowie ein Glas mit Essigsäure. Auch das Neue Testament in deutscher und französischer Sprache und passende Gebetbücher wurden mitgegeben.

Friedrich Nietzsche stand lediglich eine Woche, vom 27. August bis zum 2. September, unter unmittelbarem Kriegseindruck. Doch selbst diese relativ kurze Zeitspanne war eine Überforderung für den sensiblen Dichterphilosophen. Das furchtbar verwüstete Schlachtfeld von Wörth, übersät mit traurigen Überresten und stark nach Leichen riechend, hinterließ bei ihm einen deprimierenden Eindruck. Die Erledigung des Auftrags, das ihnen anvertraute Geld an die vorausgeschickten Felddiakone zu verteilen, erwies sich für Nietzsche und seinen Freund Mosengel als äußerst schwierig, da sie keine genauen Adressen hatten. So mussten sie in anstrengenden Märschen die Lazarette bei Weißenburg, auf dem Wörther Schlachtfelde, in Hagenau, Luneville, Nanzig bis Metz untersuchen. In Ars sur Moselle wurden ihnen dann Verwundete zur Verpflegung und zum Rücktransport per Zug nach Karlsruhe anvertraut. Nietzsche in einem Brief an Gersdorff:

"Ich hatte 6 Schwerverwundete 3 Tage und 3 Nächte lang ganz allein zu verpflegen, Mosengel 5; es war schlechtes Wetter, unsre Güterwagen mussten fast geschlossen werden, damit die armen Kranken nicht durchnässt würden."

Der Dunstkreis der Verletzten setzte Nietzsche fürchterlich zu, hatten seine Verwundeten doch zudem noch die Ruhr und zwei die Diphtheritis. Nietzsche berichtet, er habe unglaublich viel zu tun gehabt. Mit dem Verbinden der Kranken sei er vormittags drei Stunden und abends ebenso lange beschäftigt gewesen. Dazu nachts nie Ruhe bei den menschlichen Bedürfnissen der Leidenden. Als er seine Kranken schließlich in Karlsruhe im Lazarett ablieferte, erkrankte er selber schwer an der Brechruhr und an Rachendiphtherie. Mit Mühe kam er zurück nach Erlangen, wo ihn sein Freund und Begleiter Mosengel mit Opium- und Tanninklistieren sowie Höllensteinmixturen so weit wieder herstellte, dass er sich nach einwöchigem Aufenthalt zur weiteren Pflege ins heimatliche Naumburg begeben konnte.

Die Erfahrung schlimmsten menschlichen Leides hatte sich Nietzsches sensiblem Gemüt tief eingeprägt, die Atmosphäre der Erlebnisse wie ein düsterer Nebel um ihn gebreitet: "... eine Zeitlang hörte ich einen nie endenwollenden Klagelaut." – Seine ursprüngliche Absicht, wieder auf den Kriegsschauplatz zurückzukehren, wurde deshalb unmöglich gemacht. Er musste sich damit begnügen, wie er Gersdorff schreibt, aus der Ferne zuzusehen und mitzuleiden.

 


 

Zum gleichen Thema gibt es einen Bericht der Nürnberger Nachrichten aus dem Jubiläumsjahr 2000, der mir erst jetzt bekannt geworden ist - da er die vorliegende Darstellung gut ergänzt, sei auch dieser hier mitgeteilt:

 

Bericht der Nürnberger Nachrichten vom 26. Oktober 2000 / Seite 18

Der umstrittene Denker wurde im Sommer 1870 in der Universitätsstadt Erlangen ausgebildet

Friedrich Nietzsche als Felddiakon

Für Einsatz in Frankreich gemeldet – Philosoph erkrankte schwer – Sechszeilige Notiz in der Stadtchronik

 

 

ERLANGEN – Von wegen Dynamit. Der Mann war einfach krank, er litt an Ruhr und Diphtherie. Auskuriert hat sich Bruder Friedrich Nietzsche im Sommer 1870 in der damaligen Universitätsklinik in Erlangen.

Bruder Friedrich Nietzsche? Der Nietzsche? In Erlangen? Richtig, der Nietzsche war in Erlangen und nichts in der Universitätsstadt erinnert an den Philosophen, der einmal über sich schrieb: "Ich bin kein Mensch, ich bin Dynamit". Heuer wird des hundertsten Todestages des umstrittenen Denkers gedacht. Auch in Erlangen.

"Nietzsche war in Erlangen? Und er war krank? Der Nietzsche?" Immer wieder die gleichen staunenden Fragen, als sich diese Zeitung auf Spurensuche in der Hugenottenstadt begab. An Stelle des Gasthauses "Walfisch", wo der 24-jährige Philosophie-Professor aus Basel im Sommer 1870 wohnte, steht heute ein Geldinstitut, aber keine Gedenktafel.

Nietzsche war natürlich nicht krank, als er zum ersten Mal nach Erlangen kam. Sein Ziel: "Werde, der du bist." In seiner Realität sah das so aus, dass Nietzsche in den Krieg gegen Frankreich ziehen wollte. Als Schweizer Professor durfte er aber keine Waffen tragen und nicht auf Soldaten des "Erzfeindes" schießen.

Pflege deutscher Verwundeter

Aber als Felddiakon konnte er nach Westen ziehen und deutsche Siege feiern und deutsche Verwundete pflegen. Mit einem Freund, dem Hamburger Maler Mosengel, ließ sieh Nietzsche vermutlich eine Woche lang durch den 1866 im Sog des Preußisch-Österreichen Krieges gegründeten "Verein für Felddiakone" in der "Sorge um die Rettung und Pflege der Verwundeten im Feld" unterrichten.

Am 23. August 1870 war es dann weit. Nietzsche und vermutlich auch Mosengel schlossen sich dem Krieg der Deutschen an und drangen als Mitglied einer "Expedition" bis nach Ars-Sur-Moselle vor. Auf dem Rückweg mit den schwer verwundeten Soldaten erkrankte Nietzsche und wurde ins Erlanger Krankenhaus eingewiesen.

Nach etwa 14 Tagen wurde Nietzsche entlassen, kehrte nach Basel zurück und wurde "ein froher Botschafter, wie es keinen gab ..." Als er m 28. August 1900 an Gehirnerweichung starb, war von der frohen Botschaft nichts mehr übrig geblieben. Der Rest ist Geschichte.

!n Erlangen und auch bei den Rummelsberger Anstalten erinnert nichts an das vorübergehende Wirken des umstrittenen Philosophen. Immerhin war der Erlanger "Verein für Felddiakone" der Vorläufer der Rummelsberger Diakonie. Dabei hatte Gerhard Wehr bereits 1989 in seiner Betrachtung über "Ein Jahrhundert Rummelsberger Diakonie" auf das scheinbar Paradoxe hingewiesen: "Der Prophet des 'Übermenschen' als Felddiakon! Lautete doch seine betont antidiakonische These: ‚Was fällt, das soll man auch noch stoßen’!"

Der 69-jährige Wehr arbeitete früher selbst als Diakon, machte sich aber gleichzeitig als Sachbuch-Autor international einen Namen. "Die Rolle Nietzsches als Felddiakon ist mir beim Studium seiner Briefe aufgefallen," sagt Wehr.

Im Archiv der Universität Erlangen-Nürnberg ist über Nietzsche quasi nichts vorhanden. "Es fehlen Unterlagen", sagt Archivar Clemens Wachter. Im Archiv der Stadt Erlangen wurde Leiter Andreas Jakob dagegen fündig: In der städtischen Chronik sind dem Philosophen sechs Zeilen gewidmet – zwei Zeilen weniger als für Gustav Diezel. Gustav Diezel? Das war ein Redakteur aus Nürnberg, der 1848 bei den Wahlen zum bayerischen Landtag in Erlangen das Wahlprogramm des Kreisausschusses der Vereine für Volksfreiheit veröffentlichte.



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Letzte Aktualisierung: 07.09.2014

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